Ausgesprochen ernüchternd fällt die Bilanz einer aktuellen Studie zur Umsetzbarkeit des zirkulären Bauens im Rahmen der EU-Taxonomie aus. Dr. Christine Lemaitre, geschäftsführender Vorstand der DGNB, zeigt in einem Gastbeitrag die Schwachstellen auf und gibt Denkanstöße für die Weiterentwicklung.
Auf dem Recyclinghof in der Nähe unserer DGNB-Geschäftsstelle bekomme ich eine Ahnung davon, was Kreislaufwirtschaft bedeutet. Hier wird alter Bauschutt so aufbereitet, dass er wiederverwendet werden kann. Und zwar nicht nur in irgendeinem nächsten Baustellenloch, sondern als hochwertiger Beton. Dass wir davon wir viel mehr brauchen, zeigt nicht zuletzt eine Studie, in der wir untersucht haben, wie es mit der Kreislaufwirtschaft im Bauen aktuell steht. Das Ergebnis: Nicht gut.
Grundlage unserer Studie ist die EU-Taxonomie – eine Kriterienliste der EU, die definiert, ob eine Immobilie „nachhaltig“ ist. Mit dieser und weiterer Verordnungen will die EU dafür sorgen, dass Investments in nachhaltige Aktivitäten fließen und dass das auch transparent dargestellt ist. So schafft sie es, dass Banken nur noch Immobilien in ihren Fonds haben wollen, die nachhaltig und damit langfristig von hohem Wert sind. Als erfüllt gilt die Taxonomie, wenn eine Immobilie ein einziges von sechs Umweltzielen und für weitere Ziele Mindestanforderungen erfüllt. Diese Kriterien werden schrittweise fortgeschrieben und ambitionierter.
Neue Kategorie Kreislaufwirtschaft
Bisher veröffentlicht wurden sie für die Themen Klimaschutz und Klimawandelanpassung, jetzt kommt das Thema Kreislaufwirtschaft dazu. Projektentwickler bzw. Eigentümer dürfen sich also im Prinzip aussuchen, auf welches Thema sie sich fokussieren. Doch bevor diese Kriterien zur Kreislaufwirtschaft aus den Köpfen der EU-Experten in die Hände der tatsächlich Bauenden gelegt werden, wollten wir einmal testen, ob sie überhaupt umsetzbar sind. Wie weit ist der Markt denn in Sachen Wiederverwendung, Recycling und Suffizienzdenken?
Wenn man in der Baubranche heute verdeutlichen möchte, dass man sich um die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft kümmert, spricht man vom zirkulären Bauen. Denn Ressourcen werden im dauerhaften Kreislauf der Nutzung gehalten. So werden weniger Rohstoffe abgebaut und am Ende fällt der Abfall weg. Die meisten der Branche denken bei dem Begriff eher nicht an die heutige Abbruch- und Recyclingpraxis, sondern an schicke Neubauten mit viel Holz und Grün, die das Versprechen „100% rückbaubar“ oder „100% zirkulär“ mit sich bringen. Oder? Mittlerweile gibt es einige solcher Projekte und schaut man sich Konferenzprogramme oder die Aktivitäten auf den Social-Media-Kanälen an, dann könnte man schnell schlussfolgern, die Branche sei auf einem guten Weg.
Umso überraschender das Studienergebnis: Kein Gebäude kann die Circular-Economy-Kriterien der Taxonomie erfüllen. Ein wesentlicher Grund: …
Den kompletten Beitrag lesen Sie in der aktuellen industrieBAU-Ausgabe 2/2023.
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