industriebaupreis2022: Ausgezeichnete Bauten und Konzepte

Am 12. Oktober 2022 wurde der industriebaupreis2022 verliehen. Mit einem Sieger und einem Sonderpreis in der Kategorie Bauwerk und zwei ersten Plätzen für den Nachwuchs zeichnete die Jury Projekte aus, die durch ihr ausgewogenes Zusammenspiel von Gestalt, Funktion, Ökonomie, Konstruktion und Gebäudetechnik vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Verantwortung und eines ganzheitlichen Denkens überzeugen.

Sieger in der Kategorie Bauwerk: Gutmann Pellets Speicher Hall

Die Preisverleihung fand im Rahmen der Auftaktveranstaltung zum IREM Symposium im Haus der Wirtschaft in Stuttgart statt. In der Kategorie Bauwerk ging der industriebaupreis2022 an den Gutmann Pellets Speicher in Hall im österreichischen Tirol, den das Planungsbüro obermoser + partner architekten mit Hanno Schlögl realisierte. Die Bauherrin Gutmann GmbH ist einer der großen privaten Energielieferanten Westösterreichs. Nach dem Erwerb eines bestehenden 45 m hohen Silos im Gewerbegebiet Hall-Thaur ließ Gutmann den Turm zu einem Pelletslager umbauen und setzt dem Bestand „als Krone“ einen Kunstraum oben drauf. „Im Zuge der CO2-Diskussion hat die Frage der sogenannten „grauen Energie“ und damit auch die Nach- und Umnutzung von Bestandsbauten eine zunehmende Bedeutung … Dabei ist es den Bauherren und Architekten nicht nur gelungen, eine den Ort prägende Landmarke zu erhalten und einer neuen Nutzung als Umschlagzentrum für Holzpellets zuzuführen, sondern diesen Ort zusätzlich durch einen neuen, markanten Dachaufbau aufzuwerten“, begründete Stephan Weber, Vizepräsident der Architektenkammer Baden-Württemberg, in der Laudatio die Entscheidung. Die Jury überzeugte insbesondere die Art und Weise, wie mit vermeintlich „einfachen“ architektonischen Mitteln eine Vielzahl von baulichen Herausforderungen gemeistert wurde. Dies reicht von der Transformation eines profanen Silos in ein städtebauliches Wahrzeichen über die architektonisch überaus reizvolle Aufstockung mit neuer, teilweise öffentlicher Nutzung bis hin zu einem eindrucksvollen Statement zum nachhaltigen Umgang mit bestehenden Industriestrukturen“.

Sonderpreis in der Kategorie Bauwerk: AWS Betriebshof Vogelsang

AWS Betriebshof Stuttgart-West; ASP Architekten GmbH
AWS Betriebshof Vogelsang von asp Architekten GmbH. Bild: Achim Birnbaum

Einen Sonderpreis der Kategorie Bauwerk verlieh die Jury dem AWS Betriebshof Vogelsang und damit den Planern asp Architekten GmbH und der Abfallwirtschaft Stuttgart, vertreten durch das Hochbauamt, als Bauherrin. Der Vorstandsvorsitzende der Bundesstiftung Baukultur, Rainer Nagel, fand lobende Worte für das Projekt: „Einen zweckmäßigen Gewerbebau über seine reine Funktionalität hinaus auch auf ästhetischer Ebene überzeugend zu entwerfen ist dem ebenfalls in Stuttgart ansässigem Büro asp Architekten gelungen. Blickfang der neuen Bebauung ist das transluzente Oberteil aus Polycarbonat-Stegplatten, das auf der rückwärtigen Seite der Grundstücksgrenze folgt. Nachts ist es hell erleuchtet, und verleiht dem Betriebsgelände eine eindrucksvolle Stärke.“ Mit dem Einsatz dieser robust-zweckmäßigen, aber ausdrucksstarken Materialien und einem klugen Umgang mit dem ungünstigen Grundstückszuschnitt sei asp Architekten ein funktionaler und zugleich optisch sehr ansprechender Neubau gelungen.

Gewinner der Kategorie Nachwuchs: Materialkataster – Das Neue Europäische Bauhaus – Eine zukunftsfähige Baukultur

In der Kategorie Nachwuchs gingen Jule Büchle und Laura Stepper von der Universität Stuttgart, Architektur und Stadtplanung, mit ihrer Einreichung eines Materialkatasters als Sieger des industriebaupreises2022 hervor. Ihre Masterthesis diskutiert die Frage: „Wie kann Architektur sowohl funktional als auch gestalterisch, klimakonform und dennoch wirtschaftlich, als produktiver und gleichzeitig edukativer Baustein zu einer nachhaltigen Zukunft beitragen?“ Entwickelt wurde die neue Typologie eines produktiven Bausteins, der zur Registrierung, Aufarbeitung und Digitalisierung vorhandener Bauelemente dient, um sie in den Kreislauf zurück zu führen. „Die Arbeit untersucht deshalb das Potenzial dieses „Sekundärrohstoff-Lieferanten“ für unsere Baubranche“, erläuterte Laudator Univ.-Prof. Dr. Christian Stoy, Leiter des Instituts für Bauökonomie an der Universität Stuttgart. „Frau Büchle und Frau Stepper gehen hier einen recht einfachen bzw. pragmatischen Weg, indem sie einerseits einen digitalen Katalog als Plattform entwickeln und bereitstellen. Schritt für Schritt dokumentieren sie die Anwendung und optimieren den Prozess, wie es heute bei anderen Ansätzen, z. B. Madaster, kaum zu finden ist. Es ist ihnen in einem Themenfeld mit hoher Praxisrelevanz und mit viel Ehrgeiz gelungen, eine Forschungsfrage nachvollziehbar und praxisnah zu beantworten und daraus konkrete Handlungsempfehlungen abzuleiten.“

Gewinner der Kategorie Nachwuchs: Handlungsempfehlung zur Erreichung einer CO2-Neutralität

Ebenfalls als Gewinnerin in der Kategorie Nachwuchs zeichnete die Jury Julia Siegwardt von der Universität Stuttgart, IREM Industrial Real Estate Management, aus. Sie entwickelte eine „Handlungsempfehlung zur Erreichung einer CO2-Neutralität in Konzernstrategien europäischer Unternehmen im Bereich CREM“ „Das Thema der Masterarbeit von Julia Siegwardt ist aktueller denn je“, lobte Juror Jürgen Schäfer, Mitglied des Hauptausschusses der Arbeitsgemeinschaft Industriebau e.V. “Die CO2-Neutralität wurde in den untersuchten Unternehmen als hoch bewertet. Bei einigen Unternehmen sind jedoch nur Reduktionsziele und kein durchgängiges Neutralitätsziel vorhanden. Um dies strategisch anzugehen, hat Frau Siegwardt Handlungsempfehlungen in Bezug auf Ziele, Organisation, Steuerungssystemen und Messungen über KPI entwickelt.“ Die Jury habe die konsequente Bearbeitung dieses Themas beeindruckt, da auf Basis der analytischen und empirischen Untersuchungen voll umsetzbare Handlungsempfehlungen abgeleitet wurden, ergänzte der Laudator.

Vier Anerkennungen ausgesprochen

Darüber hinaus sprach die Jury, die durch das Auslobergremium gestellt wurde, vier Anerkennungen aus. Diese gingen an:

  • Bürohaus Küng, Alpnach; Planer: Seilerlinhardt; Bauherr: Küng Holzbau AG
  • Neubau Produktion und Verwaltung Trautwein Präzisionsdrehteile GmbH, Dunningen; Planer: Röing genannt Nölke Architekten PartGmbB; Bauherr: Trautwein Präzisionsdrehteile GmbH
  • Wagenhallen Stuttgart; Planer: Atelier Brückner GmbH; Bauherr: Landeshauptstadt Stuttgart | Hochbauamt – in Vertretung des Amtes für Liegenschaften und Wohnen, Immobilienmanagement
  • Potentialanalyse der Building Information Modeling Methode für den industriellen Bauherrn; Bearbeiter: Sammy-Jo Weinland; Prüfer: Univ.-Prof. Dr. Christian Stoy, Prof. Martin Ostermann

Rege Teilnahme

Insgesamt gab es 72 Einreichungen für den industriebaupreis2022, davon 51 in der Kategorie Bauwerke (Neubau oder Umbau, realisierte Projekte), zwei in der Kategorie Städtebauliche Anlagen und 18 Arbeiten für den Nachwuchspreis. Die Auslober des industriebaupreis2022 sind: Arbeitsgemeinschaft Industriebau e.V. (AGI), Architektenkammer Baden-Württemberg, Bundesstiftung Baukultur, BDA Landesverband Baden-Württemberg e.V., IHK Baden-Württembergischer Industrie- und Handelskammertag, Ingenieurkammer Baden-Württemberg, Universität Stuttgart, IREM Industrial Real Estate Management und die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH.

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