Bauvergaberecht – Anforderungen an Rüge

Zur Erfüllung der Rügeobliegenheit des Bieters muss dieser den Vergabeverstoß und die Aufforderung an den öffentlichen Auftraggeber, den Verstoß abzuändern, konkret darlegen. Beide Tatsachenvorträge sind unverzichtbare Bestandteile der Rüge. An die Pflicht zur Substantiierung sind aber keine übertriebenen Anforderungen zu stellen. Dabei ist immer auch zu beachten, welchen Kenntnisstand der rügende Bieter haben kann. Eine Rüge ist schon dann ausreichend substantiiert, wenn das rügende Unternehmen eine konkrete Tatsache benennt, aus welcher sich der Verdacht eines Vergaberechtsverstoßes ergibt. Zumindest für einen Bieter mit erheblichem technischen Sachverstand und guter Marktkenntnis ist eine verdeckte Produktvorgabe in den Vergabeunterlagen erkennbar und daher gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB zu rügen. Eine Rechtsverletzung aufgrund der Wertung von Qualitätskriterien scheidet dann aus, wenn der Bieter selbst bei unterstellter Bestbewertung in den Qualitätskriterien nicht für den Zuschlag in Frage käme. Ob ein Angebot von den Vorgaben der Vergabeunterlagen abweicht, ist durch Auslegung zu ermitteln. Maßstab der Auslegung ist, wie ein mit den Umständen des Einzelfalls vertrauter Dritter in der Lage der Vergabestelle das Angebot nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste und durfte.(VK Südbayern, Beschluss vom 19.05.2014, Az. Z3-3-3194-1-08-03/14)

Dr. jur. Gabriele Wurzel / Peter Michael Probst, M.B.L.-HSG

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Robert Altmannshofer
Robert Altmannshofer
Chefredakteur und Objektleiter industrieBAU

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